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Lernen am Ort des Schreckens – Exkursion zur Gedenkstätte KL Natzweiler

Exkursion der Abschlussklassen der Siebenpfeiffer Realschule Plus in das KL Natzweiler / Elsass

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Menschen werden zu Nummern. Sie verlieren jedes Recht, werden zu härtester Arbeit gezwungen. Sie werden erniedrigt. Sie werden zu Tode geprügelt. Sie werden für medizinische Versuche missbraucht. Man lässt sie verhungern.

Nachfühlen kann und will man nicht, was die Häftlinge des Konzentrationslagers Natzweiler erleiden mussten. Eine Ahnung davon, welcher Schrecken hier herrschte, eine Vorstellung davon, wie das System der nationalsozialistischen Unterdrückungs- und Vernichtungsmaschinerie funktionierte, muss ein Geschichtsunterricht aber vermitteln, der die Lernenden für die Gefahren totalitärer Ideologien sensibilisieren will.

Ein ambitionierter Unterricht im Klassenraum, methodisch und inhaltlich vielseitig gestaltet, kann in dieser Hinsicht einiges erreichen. Wozu fährt man also mit 15- bis 16-jährigen Jugendlichen zu einer solchen Stätte?

Die Eindrücke, Fragen und Reaktionen der Schülerinnen und Schüler selbst geben eine Antwort darauf. Die Erkenntnis, dass es Orte wie diesen tatsächlich gab. Hier wird sie greifbar. Die Lernenden spüren die Kälte eines eisigen Märztages in 800 Meter Höhe, die durch ihre dicken Daunenjacken dringt und wissen, dass die Kleidung der Häftlinge kaum vor diesen Temperaturen schützte. Sie sehen die Baracken, in denen hunderte von Männern auf engstem Raum eingepfercht wurden. Sie betreten die Zellen des sogenannten Zellenblocks, in dem bis zu 20 Häftlinge auf 10 qm eingesperrt wurden und spüren schon nach wenigen Minuten die quälende Enge.

„Ich habe mir das alles viel größer vorgestellt“, meint ein Schüler. Auch dies ist eine wichtige Erkenntnis. Es bedarf keiner gigantischen Bauten, um Schreckliches zu bewerkstelligen. Etwa 50 000 Menschen durchliefen das Lager Natzweiler mit seinen rund 80 Nebenlagern im südwestdeutschen Raum. Etwa 20 000 von ihnen wurden ermordet.

„Was sind Kapos?“ - „Warum schlägt der Kapo auf den Häftling mit einem Spaten ein?“. Die Fragen zu den Zeichnungen überlebender Häftlinge, die sich die Lernenden bei der Vorbereitung der Exkursion gestellt haben, wurden schon im Unterricht beantwortet. Jetzt, am Ort des Geschehens, vertieft sich das Vorverständnis. Es wird nachvollziehbar, wie es der SS-Lagerleitung gelang, in einem System aus Hunger und Privilegien Häftlinge zu Handlangern zu machen und Opfer auf perfide Weise zu Mittätern.

Nach einer durch die Coronapandemie erzwungenen Pause ist das Kollegium der Siebenpfeiffer Realschule plus in Haßloch froh, den Schülerinnen und Schülern solche unmittelbaren Lernerfahrungen an wichtigen historischen Gedenkstätten wieder ermöglichen zu können.

Sieben Abschlussklassen machten sich am 7. März auf den Weg ins Elsass. An den einzelnen Stationen des Lagers gaben Schülerinnen und Schüler den Lagerinsassen eine Stimme, indem sie aus den Erfahrungsberichten Überlebender vorlasen:

Was empfanden die Häftlinge beim Anblick der Kommandantenvilla mit Swimmingpool (!)? Welche Folgen hatte das stundenlange Stehen und Durchzählen beim Appell? Wie waren die Arbeitsbedingungen? Was bedeutete es, im Krematorium zu arbeiten?

Zu diesen und vielen anderen Fragen gab es an dieser Gedenkstätte Antworten, wie sie nur vor Ort möglich sind.

Zurück nach Haßloch kamen nachdenkliche Schülerinnen und Schüler, die sich in einem Punkt einig waren:
Wir alle müssen wachsam sein und alles dafür tun, dass Menschenverachtung und Hass nie wieder die Oberhand gewinnen.

Text: Dirk Braun
Fotos: Nathalie Orlemann